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226 Fremde Arbeit, deutscher Lohn

Institutioneller Rassismus ist nie allein ein Rassismus der Institutionen. 

Die Wirkmächtigkeit gesellschaftlicher Überlegenheitsvorstellungen in all ihren Schattierungen speist sich auch aus tradierten Vorstellungen der politischen Subjekte – und damit aus dem Wechselspiel von Bewusstsein und den individuellen und kollektiven Rahmenbedingungen des Seins. 

Wir werfen in dieser Sendung einen historisch-materialistischen Blick auf den hiesigen Umgang mit Kolonial-, Fremd-, Zwangs- und Gastarbeit; und damit auf Spezifika des deutschen Rassismus. 

Mit uns untersuchen diesen Gegenstand: Ahadadream, Nneka, Arat Kilo, Symbiz & Awa, Nubiyan Twist, Kokoko! und clipping.

Eine digitale Kopie des genannten Blaubuchs kann über unseren Server eingesehen oder heruntergeladen werden: blaubuch.pdf (33,6 MB)

O-Töne aus dem Videomitschnitt: COLONIAL REPERCUSSIONS – Panel „Crimes committed by colonial Germany against the Herero and Nama“, Akademie der Künste, Berlin (January 2018)

224 Normalität – eine trostlose Hoffnung

Thomas Ebermann
München, 18.09.2020

Es findet derzeit – und dies meint: in einer globalen Pandemie – eine durchaus interessante politische Wahrnehmungsverschiebung statt. Während sich die versprengten Reste linker und linksradikaler Gesellschaftskritik weitgehend an die staatlichen Restriktionen halten, während sie versuchen umsichtig, mithin nicht andere Menschen gefährdend zu agieren, gerieren sich die faschistischen Milieus rebellisch, unangepasst und der in diesen Fällen zaghaften staatlichen Repression trotzend.

Überstehen kann den gesellschaftlichen Irrsinn nur, wer sich in diesen ungeheuren Zeiten einer materialistischen Kritik der Verhältnisse widmet. Nicht mit dem Anspruch der Formulierung unhinterfragbarer Weisheiten natürlich, sondern mit der Annäherung an die komplexen Strukturen der kapitalistischen Verwertungslogiken. Thomas Ebermann hat in diesem Herbst in München unter dem Titel „Normalität – eine trostlose Hoffnung“ auf einer Freiluftveranstaltung zum Thema Covid 19 referiert und in dem etwas über 2-stündigen Vortrag u.a. auch auf folgende Autor*innen und Künstler*innen verwiesen: Rob Wallace, Wolfgang Hien, Theodor W. Adorno, Georg Kreisler, Detlef zum Winkel, …

Wir präsentieren in den kommenden 60 Minuten Ausschnitte aus diesem Event, verbunden mit der Bitte um Verständnis für die teilweise doch begrenzte Audio-Qualität.

Musikalisch begleiten die Bands The Pack A.D., Idles, Unbite, Coriky.

223 Discussing Race

Discussing Race

Während der Faschismus an der Macht in den USA eine bis dato nicht für möglich gehaltene machtpolitische Volte nach der anderen dreht, ereilen einen hierzulande bei der Beschäftigung mit ähnlich gelagerten oppositionellen Diskursen nicht selten Déjavus.

Wurde das nicht alles schon einmal diskutiert? Müssten man und frau und alle anderen nicht inhaltlich bereits deutlich weiter sein? Sollten nicht bestimmte Denkmuster längst überwunden, rückwärtsgewandte Argumentationsstränge sich nicht längst erledigt haben?

Was sind die richtigen Analysen und Strategien zur Bekämpfung des institutionellen Rassismus vor dem Hintergrund der unterschiedlichen gesellschaftlichen Situationen und Bedingungen in den Vereinigten Staaten und in Westeuropa?

Unter dem Eindruck der anhaltenden Eskalation des rassistischen Terrors und fortgesetzter Anti-Antifa-Aktionen in den USA, getragen von Teilen der Legislative, Judikative und Exekutive in Kollaboration mit faschistischen Milizen, steht parallel in Deutschland die Frage auf der Tagesordnung, wie der hiesige institutionelle Rassismus funktioniert und wie man ihm entgegentreten kann.

Die heutige Sendung basiert auf Beiträgen zur Debatte über Critical Whiteness-Theoreme und linke Bewegungspolitik

Musikalisch begleitet wird die Sendung von Goat Girl, Bonsai Kitten, Dykemann Family, Jack Lewis & Jeffrey Lewis und Orville Peck.

221 Die Geschichte der Stechuhr

IBM Stechuhr

im Angesicht der noch andauernden Pandemie und den gleichzeitigen Versuchen, einen gewissen Grad an gesellschaftlicher Normalität zu erhalten, ist die Sphäre der Arbeitswelt eine zentrale. Das Thema Home-Office beispielsweise wird unter vielen Gesichtspunkten diskutiert.

Während bei den einen eine Flucht vor den arbeitsplatzbezogenen Infektionsrisiken nicht möglich ist, werden bei anderen bereits Büroflächenreduzierungen vorgenommen und sie ermutigt, sich auch nach einem etwaigen Ende des Gesundheitsausnahmezustands von Zuhause aus an der Mehrwertproduktion zu beteiligen.

Die Arbeitszeit und ihre Erfassung rücken dabei wieder in den Vordergrund der Debatte. Unterschiedliche Ansätze, wie denn der moderne Kapitalismus unter Effizienzgesichtspunkten zu organisieren sei, stehen sich gegenüber oder greifen ineinander.

In dieser Sendung beschäftigen wir uns mit der Genese der Zeiterfassung am Beispiel der Stechuhr. 

Unterstützt werden wir von The Streets, Sault, Dua Saleh, Park Hye Jin, Public Practice, Run the Jewels und den Sleaford Mods.

219 Recht auf Wohnen

Der amerikanische Psychologe Abraham Maslow hat 1943 eine Bedürfnispyramide entwickelt. Die wichtigsten Bedürfnisse des Menschen siedelte er ganz unten an, wo die Pyramide am breitesten ist. Dort befinden sich die physiologischen Bedürfnisse. Dazu gehören Faktoren wie Wärme und Ruhe. Beides erhält der Mensch unter anderem durch das, was wir gemeinhin als Wohnung, Wohnraum oder Obdach bezeichnen.

Die Geschmäcker, wie das Ganze beschaffen sein soll, mögen unterschiedlich sein – ob Zelt oder Hütte, gemauertes Gebäude oder Schneehaus. Schon aus witterungstechnischen Gründen – und weil das Obdach das Außen vorübergehend abschirmt und somit Ruhe gewährt – scheinen die Menschen diese Dinge fast so dringend zu brauchen wie Essen und Trinken. Wohnen als Grundbedürfnis.

Die gesellschaftliche Realität sieht bei uns anders aus, das Wohnen wird wie eine Ware
be- und gehandelt.

Musikalisch befeuern diese Debatte: Ghostpoet, Reverend and the Makers, Algiers, The Last Shadow Puppets, Yves Tumor, The Murder City Devils und Sorry.

Quellen zum Nachlesen:

218 Kalkül & Kollektiv. Zur Metapolitik (neu-)rechter Identitätskonzepte.

Kalkül & Kollektiv. Vortrag aus dem Kongress Stolz & Vorurteil im Dezember 2019Das rechte Denken will krisenhafte Gesellschaften bzw. das, was es dafür hält, autoritär stabilisieren und Privilegien gegen ihre Infragestellung verteidigen. Das konservative Denken sieht die Welt aus der Perspektive der Ordnung und die Sphäre der Politik aus der Perspektive der Macht. Soziale Konflikte werden nicht durch die Kraft des besseren Arguments entschieden, sondern durch stärkere Waffen und die schärfere Taktik. Die moderne Gesellschaft wird als kontingent und sozial gestaltbar begriffen. Rechte Identitätspolitik ist eine metapolitische Konsequenz aus dieser Perspektive.

In unregelmäßigem Abstand stellen wir einige der auf unserem Kongress „Stolz & Vorurteil – zu Identitätskonzepten und deren Fragwürdigkeit“ verhandelten Themen vor und zeichnen einige der dort geführten Diskussionen nach…

Musik: F-Minus, Minor Threat, Artificial Peace, Bikini Kill, Reagan Youth, Blood Red Shoes, Napalm Death

217 Das emanzipatorische Potenzial des Universalismus

„Stolz & Vorurteil“ unter diesem Titel haben wir Ende des vorangegangen Jahres einen Kongres zu Identitätskonzepten und deren Fragwürdigkeit veranstaltet. In unregelmäßigem Abstand wollen wir einige der auf diesem Kongress verhandelten Themen vorstellen und die entstandenen Diskussionen nachzeichnen.

Eröffnet hat den Kongress Dr. Imke Leicht, Politikwissenschaftlerin aus Erlangen, die sich mit dem emanzipatorischen Potential des Universalismus beschäftigt: Alle, die sich das vollständige Video zu diesem Kongresspanel anschauen wollen, werden hier fündig: https://www.youtube.com/watch?v=-VDUVStGYFw

Als Ausgangspunkt meines Vortrags habe ich mir die Fragestellungen dieser Tagung vorgenommen. Diese ist zum einen: „Kann es einen emanzipatorischen Bezug auf Identitätskonstrukte geben?“ Zum anderen: „Inwieweit sind Kollektive als Klientelgruppen doch unverzichtbar für gesellschaftliche Aushandlungsprozesse und notwendige Wirkmächtigkeit?

Diesen Fragen nähere ich mich aus einer universalistischen, menschenrechtlichen Perspektive. Denn ich denke, dass der Universalismus und die Menschenrechte Antworten auf das Ziel der Emanzipation und auf Probleme von Identitätspolitiken geben. Vor diesem Hintergrund formuliere ich die Fragen der Tagung für meine Ausführungen ein wenig um, um zwar:

  • Kann es einen emanzipatorischen Bezug auf einen Universalismus und auf Menschenrechte geben?
  • Inwiefern sind universelle Normen unverzichtbar für gesellschaftliche Aushandlungsprozesse und politische Handlungsfähigkeit?

215 Eike Geisel

Eike GeiselEike Geisel war, bis er 1997 verstarb, ein wichtiger gesellschaftspolitischer Stichwortgeber, der viele Themen bereits in den achtziger und neunziger Jahren des vorigen Jahrtausends besprochen hat, die uns auch heute noch umtreiben.
Insbesondere seine Auseinandersetzungen mit linkem Antisemitismus waren, das kann man ohne Übertreibung sagen, immens wichtig. Der Edition Tiamat und dem Verleger Klaus Bittermann ist es zu verdanken, dass Geisels Ausführungen, Essays und Kommentare neu aufgelegt und damit zugänglich sind. In dem im abgelaufenen Jahr publizierten Buch „Die Gleichschaltung der Erinnerung“ wurden eine Reihe seiner Veröffentlichungen wiederbelebt.
Folgen Sie uns und Eike Geisel in den kommenden 60 Minuten in einem Potpourie der Polemik gegen die damals und heute herrschenden Zustände in Deutschland.
Musikalisch melden sich zu Wort: Ashnikko, Shygirl, Lady Lykez, Jhawk Productions & Chippy Nonstop

213 Ressentiments

RessentimentsDas tagtägliche Lamento der herrschenden Polit-Kaste, jetzt müssten aber wirklich alle Demokratinnen und Demokraten ganz eng zusammenstehen, um sich gegen den Faschismus – nein, eigentlich nur gegen Hass im Allgemeinen –, zu positionieren, wird durch das alltägliche staatliche Handeln in Permanenz konterkariert.
Die gesellschaftliche Affirmation des autoritär-völkischen Denkens ist in Form der Verharmlosung, der Entschuldigung, der Duldung, der Kollaboration längst hegemonial geworden. Unter williger Mithilfe der bürgerlichen Journaille.
Es vergeht keine Woche, in der nicht der parlamentarische Arm der
Faschisten zu irgendeinem Alltagsrotz eingeladen, interviewt, befragt wird.
Es vergeht keine Woche, in der nicht irgendein Teil einer Institution der Judikative oder Exekutive ganz offen mit den Faschisten sympathisiert, fraternisiert oder gleich als organisierter Teil derselben in Erscheinung tritt.
Niemanden hätte das versuchte antisemitische Massaker in Halle überraschen dürfen.
Und dennoch tun alle bürgerlichen Maulhelden so, als müsse man jetzt, angesichts dieser vorgeblichen Ungeheuerlichkeit, etwas unternehmen.
Allerdings muss sich auch die sich als antifaschistisch begreifende Linke, die die Nachkriegs- und Nachwendeentwicklung Deutschlands kritisch bis antagonistisch begleitet hat, mit der Frage auseinandersetzen, was sie zu dem antisemitischen Furor in diesem Staat beigetragen hat.
Eine Linke, die keinen Begriff vom Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Spielarten hat, wird dem auf allen gesellschaftlichen Ebenen sprießenden Faschismus nichts entgegenzusetzen haben.

Ein Radio-Feature mit Musik von Dessert Sessions, Robert Earl Keen, Siri Nilsen, Jessica Lea Mayfield, Swans und Billie Eilish.

211 Kapitalismus, Klasse und Universalismus

Stolz&Vorurteil - Kongress zu Identitätskonzepten und deren FragwürdigkeitGesellschaftliche Solidarität wird immer mehr entlang identitärer Kategorien wie Ethnie, Kultur, Community oder Religion gedacht. Die Menschen stellen sich damit immer weniger den politischen Diskursen, in denen verhandelt wird, in welcher Gesellschaft sie leben wollen. Stattdessen steht zumindest in Europa – wenn nicht sogar weltweit – immer mehr die Frage im Vordergrund: „Wer sind wir?“.  Ohne entsprechende Zugehörigkeit lässt diese Gesellschaft eine Teilhabe an ihr kaum zu. Gleichzeitig werden Menschen als zugehörig deklariert. Identität funktioniert nicht nur als Selbstzuschreibung, sondern ebenso – häufig mit verheerenden Folgen – als Fremdzuschreibung oder als gesellschaftlicher Zwangszusammenhang.

Aus dieser Einschätzung heraus entstand in unserer Redaktion die Idee, in einem größeren öffentlichen Rahmen zu diskutieren, wohin diese Entwicklungen führen, ob es einen emanzipatorischen Bezug auf Identitätskonstrukte überhaupt geben kann und inwieweit Kollektive als Klientelgruppen doch unverzichtbar für gesellschaftliche Aushandlungsprozesse und notwendige Wirkmächtigkeit sind.

Daher veranstalten wir am 6. und 7. Dezember 2019 den Kongress „Stolz & Vorurteil“ im Münchner Gewerkschaftshaus. Sollten Sie den Kongress besuchen wollen, informieren Sie sich bitte auf der Webseite www.stolz-und-vorurteil.net über das Programm und das Anmeldeprozedere.

Und als inhaltliche Einstimmung zu diesem Kongress deshalb in der aktuellen Sendung ein Auszug aus dem Buch: „Kapitalismus, Klasse und Universalismus – Auswege aus der Sackgasse postkolonialer Theorie“ von Vivek Chibber, Professor für Soziologie an der New York University. 2016 im Kölner Papy Rossa Verlag veröffentlicht als Teil von „Marx und der globale Süden“ von Felix Wemheuer. Aus dem Englischen von Ralf Ruckus und Christian Frings.

Musikalisch nehmen an der Debatte teil: Dykemann Family, Reverend Beat-Man & the Un-Believers, Delaney Davidson, Boz Boorer, HeadCat, zZz, The Legendary Shack Shakers und The Crewnecks.