Alle Beiträge von karo

Matteo Modica

205 Autismus als Metapher

Zu Lieblingsfiguren der Kulturindustrie haben sich in den letzten Jahren Autistinnen und Autisten entwickelt. Nicht mit dem Ziel in Form der Darstellungen realer oder realistischer Krankheitsbilder und -biographien über Autismus aufzuklären, sondern primär als gesellschaftspolitische Metapher.

Was macht die Autismus-Metaphern so reizvoll? Und was heißt das für die vom Syndrom Betroffenen?

Ein Radio-Feature mit Musik von: Blay Ambolley, Etta James, The Specials, Diane Birch & The Phenomenal Handclap Band, Barbara Lynn, Betty Harris, Ruby Velle & The Soulphonics.

203 Waldorfschulen

Eurythmie Aufführung in der SchuleWo kommt eigentlich der derzeitige politische und sonstige Irrsinn her?

Bei unseren nimmermüden Versuchen, diesen Irrsinn zu fassen, ihn einzuordnen und ihm schlussendlich entgegenzutreten, gibt es ein Feld, das wir bisher vielleicht nicht übersehen, aber doch nicht konsequent beleuchtet haben.

Es geht um die Sphäre der Bildung, der Pädagogik, des Lernens.

In einer losen Sendereihung wollen wir uns den damit verbundenen Themen widmen, pädagogische Konzepte vor und auf den Prüfstand stellen und die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Lern- und Lehrwelten untersuchen.

Beginnen wollen wir diesen Zyklus heute mit einer Sendung zur Steinerschen Waldorfpädagogik, die überraschender Weise immer noch eine nicht unerhebliche Rolle in bestimmten gesellschaftlichen Milieus spielt.

Der Journalist Stefan Laurin hat in den letzten Jahren immer wieder über die zugrunde liegende Anthroposophie geschrieben und unter anderem in der Wochenzeitung jungle world veröffentlicht. Zwei seiner Texte sind Grundlage der heutigen Sendung.

Die Musik wird dargeboten von: Harmonic 313, The Bug, Jlin, Liquid Stranger, TNGHT, Azealia Banks, N.B Funky.

Wer mehr über den Autor der heutigen Sendung wissen will, klicke www.ruhrbarone.de

201 Freistaat

Deutschland FahneEs wird momentan viel und weltmeisterlich erinnert in Deutschland. Auch in Bayern. Auch in München. Der Ministerpräsident übernimmt rätedemokratische Motti und kokettiert mit dem Bild des anarchischen Bayern – nicht anarchistisch wohlgemerkt. Auf der Münchner Theresienwiese ist das Herzkasperl-Festzelt vom weltweit größten Massenbesäufnis, dem Oktoberfest, stehen geblieben und soll an den Jahrestag der Bayerischen Revolution erinnern.

Wir dagegen machen einen Streifzug durch die Straßen Münchens und begleiten Josef Hofmiller, seinerzeit Gymnasiallehrer am Luisengymnasium, Schriftsteller und Verfasser des „Revolutionstagebuch 1918/19 aus den Tagen der Münchner Revolution“. Dabei treffen wir unter anderem auf Ricarda Huch, Annette Kolb, Erich Toller und Gustav Landauer.

Um es mit Karl Valentin zu sagen: „Drum werfen Sie jetzt Ihren Blick a hundert Jahrl weiter zrück!“

199 rechtes Opferdenken

die sortierte GesellschaftWährend sich die historische Rechte durch einen stolzen, chauvinistischen und häufig auch expansiv-aggressiven Nationalismus definierte, ist die neue Rechte vor allem durch Ängste in Bezug auf die eigene kulturelle Identität geprägt. Man sieht sich als Opfer von „Islamisierung“, „Amerikanisierung“, 68ern, „Bevölkerungsaustausch“ usw. Der Opferstatus ist zentral und macht dieses Milieu umso aggressiver.

Eine Sendung über den Differenzanspruch der neuen Rechten und ihre Erfolge.

 

Mit Musik von: alt-J, Jack White, Goat Girl, Sons of Kemet, Kuu, Warhaus, The Voidz und Ty Segall.

197 Identitätspolitik

Alpenzeller TrachtLiebe Zielgruppe:

Die starke strukturelle Ähnlichkeit von Gedanken der äußersten Rechten in Gestalt der Völkischen Bewegung im späten 19. und 20. Jahrhundert und solchen, die heute überwiegend im linken politischen Spektrum zu finden sind, wird zunehmend zum Problem.

Sowohl der völkische Nationalismus als auch linke „Identitätspolitik“ zielen auf die Konstruktion von Gruppen ab, denen ein normativer Charakter in Bezug auf ihre Mitglieder eingeräumt wird. Entsprechend werden diese Identitätsgruppen als die wesentlichen Träger von Gesellschaft und Staat angesehen – und nicht als selbständige Individuen.

In dieser Sendung wollen wir der Frage nachgehen, in wie weit sich die identitätspolitischen Grundvorstellungen von Rassisten und Antirassisten noch voneinander unterscheiden lassen.

193 DaimlerLama

Photo by Andrew HaimerlLook at situations from all angles, and you will become more open…

Mit diesem Spruch des Dalai Lama, als Text über ein weißes Mercedes-Coupé am Sandstrand platziert, wollte der Mercedes-Konzern seinen Instagram-Followern in China Anfang Februar eigentlich einen guten Start in die Woche wünschen.
Das Marketingunterfangen ging gehörig in die Hose. Der chinesische Botschafter in Deutschland warf dem Autobauer vor, Chinas Souveränität und territoriale Integrität in Frage zu stellen.
Der Dalai Lama ist das in Indien im Exil lebende Oberhaupt der Tibeter.
Für die chinesische Regierung ist der Lama ein separatistischer Extremist. Soweit, so bekannt.
Daimler entschuldigte sich zügig und entfernte den Post.
In einem offenen Brief bedauerte der Konzern darüberhinaus, Zitat: „… zutiefst das Leid, dass der fahrlässige und taktlose Fehler dem chinesischen Volk zugefügt…hat“. Zitatende.
Was dieser Reklame-Alltäglichkeit im wichtigsten Exportmarkt des Konzerns folgte, war kurioserweise ein veritabler Shitstorm.
So genannte Menschenrechtsaktivisten und ebenso die gesamte hiesige bürgerliche Presse warfen Daimler politischen Opportunismus und eine scheinheilige Moral vor, ohne zu erklären, was daran eigentlich im Widerspruch zum globalisierten Kapitalismus stehen soll.

Die 17grad-Lesetipps für diese Sendung:
Ganzheitlich und ohne Sorgen in die Republik von morgen
Dokumentationen zum Kongress gegen Irrationalismus, Esoterik und Antisemitismus
Herausgeber: Studentischer Sprecherrat der Universität München
Alibri Verlag
ISBN 3-932710-33-9

Überalles in der Welt. Esoterik und Leitkultur
Claudia Barth
Alibri Verlag

Kapitalismus Forever
Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam
Wolfgang Pohrt
Edition Tiamat

191 Populismus

FASIZME KARSI OMUZ OMUZALiebe Zielgruppe. Wenn man das abgelaufene Jahr zusammenfassen wollte, müsste man es wohl unter das Motto stellen: „Die Deutschen kommen zu sich selbst“.

Dabei muss man gar kein ideologiekritischer Hardliner sein, um das Gefühl zu kriegen – nein: um die Erkenntnis zu gewinnen, dass die deutsche Gesellschaft in quasi allen Teilen nun endgültig verrückt geworden ist.

Anlässlich des Einzugs der Alternative für Deutschland in diverse Länder- und in das Bundesparlament war das gesellschaftspolitische und mediale Schauspiel, wie damit umzugehen sei und was hier denn eigentlich genau passiere, an Erbärmlichkeit kaum zu überbieten. …

187 Mikrotargeting

Markus Spiske-UnsplashLiebe Zielgruppe,
wir könnten in den kommenden 60 Minuten viele Worte über Wahlen im allgemeinen und im besonderen verlieren, einige werden sogar meinen, wir müssten.

Wir wollen in der Tat nicht verhehlen, dass wir derzeit intensiver als bisher in der Redaktion der 17grad darüber diskutieren und manchmal sogar streiten, ob man sich an Wahlen beteiligen soll und wenn ja, was dann auf den entsprechenden Auswahlzetteln anzukreuzen wäre. Reicht das Argument, eine offen faschistische Formierung so klein wie es geht halten zu wollen aus, um sich an solcherart Schmarrn zu beteiligen? Kann man sich auf den Wahl’O’Maten verlassen, wenn dort die MLPD an erster Stelle der Übereinstimmung mit den eigenen persönlichen Politikzielen erscheint? Und wie funktioniert eigentlich die politische Willensbildung im 21. Jahrhundert bei gleichzeitiger kompletter Verblödung des Demos unter Einbeziehung aktueller Medientechnik? Zumindest als Antwort auf die letzte Frage wollen wir Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Möge sie uns zu den richtigen Schlüssen ermuntern.

185 Lebenslanges Lernen

Lebenslanges Lernen
Photo by Simson Petrol

Liebe Zielgruppe,
wenn Peter Tauber, der Generalsekretär der Christlich Demokratischen Union, davon spricht, dass, wer etwas Ordentliches gelernt hat, nicht mehrere Minijobs gleichzeitig brauche, ist das zwar einerseits weit weg von den realen gesellschaftlichen Verhältnissen, andererseits aber spricht er nur das aus, was die mehr als große Koalition der Kapitalismus-Apologeten seit vielen Jahren pre-digt: wer den zunehmenden Unwägbarkeiten des Arbeitsmarktes begegnen will, muss lernen, lernen und nochmals lernen. Ein Leben lang.
Lebenslanges Lernen ist eines dieser Schlagworte, die suggerieren und suggerie-ren sollen, dass beruflicher und damit auch gesellschaftlicher Erfolg oder Miss-erfolg ausschließlich vom Verhalten des Individuums im kapitalistischen Ver-wertungszusammenhang abhängt.
Wer sich bildet oder weiterbildet, der bringt es zu etwas. Wer es zu nichts ge-bracht hat, ist selbst Schuld, weil er oder sie die Grundprinzipen der damit ein-hergehenden Notwendigkeiten nicht berücksichtigt hat.
Interessant an diesem Lern- und Pädagogik-Diskurs ist, dass ihn alle politischen Akteure – gleich welcher Couleur – mit dieser Ausrichtung führen.
Ob nun CDU, Sozialdemokraten, Linke oder Gewerkschaften: sie alle propagie-ren, dass Ausbildung und anschließende permanente Weiterqualifizierung Ga-rantie dafür seien, nicht durch die sozialen Maschen der kapitalistischen Gesell-schaft zu fallen. Dass diese Maschen immer löchriger werden, daran hat die So-zialdemokratie mit all ihren neoliberalen Projekten der jüngsten Vergangenheit einen nicht unerheblichen Anteil. Aber die Aushöhlung des Sozialstaats wollen sie in diesem Zusammenhang nicht thematisiert wissen.
Die Quintessenz dieser Ignoranz objektiver gesellschaftlicher und ökonomischer Verhältnisse bedeutet: wer sich dem Lerndruck verweigert oder sich nicht genü-gend anstrengt, ist an seinem dann folgenden Schicksal selbst Schuld.
Dabei unterscheiden sich die Ansätze der genannten Akteure nur in Nuancen. Die einen predigen in Verbindung mit neoliberalem Deregulierungsinteresse, dass jeder seines Glückes Schmied sei. Die anderen fordern ein Quäntchen mehr sozialdemokratischen Versorgungsstaat mit Qualifizierungsgarantie. Für alle, die dies wollen.
Eine Ablehnung dieser Unvollkommenheitslogik, dass nämlich alle Individuen permanent an sich arbeiten müssen, sie also nie auch nur annähernd ausreichend qualifiziert sind, kommt bei allen genannten Gruppierungen nicht vor. Das ist auch nicht verwunderlich, denn dazu müssten sie das System Kapitalismus ver-stehen und auch noch fundamental kritisieren wollen.
Besonders sichtbar ist dieser Kollektivbetrug der hiesigen politischen Protago-nisten beim derzeitigen Dauerthema der Arbeitspolitik: der Digitalisierung.
Während sich die Produktionsbedingungen in fast allen Branchen rasant und massiv verändern, während nicht wenige Auguren mittelfristig ein dramatischen Verschwinden von Berufen und Jobs erwarten, kontern die besagten Politiker mit der Endlosschleife „Qualifizierung wird es schon richten“. Und das, obwohl eine ganze Reihe von gefährdeten Berufsbildern bereits von hochqualifizierten Marktteilnehmern geprägt ist.
Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren eine ganze Erwachsenenbildungsin-dustrie entwickelt, die die Bedingungen ihres Wirkens nicht hinterfragen will oder dazu nicht in der Lage ist.
Eine ganze Generation von im herkömmlichen Sinne gescheiterten Existenzen lebt heute davon, Kurse, Coachings und betreutes Leben anzubieten. Niemand ist perfekt, alle brauchen Optimierung, Widerstand ist zwecklos.